2020

HÜMMERICH legal als TOP Kanzlei für Erbrecht ausgezeichnet

Im Auftrag der WirtschaftsWoche ermittelte das Handelsblatt Research Institute unter mehr als 1340 Juristen die renommiertesten Erbrechtskanzleien. Die Kanzlei HÜMMERICH legal wurde im Rechtsgebiet „Erbrecht“ als „TOP Kanzlei 2020“ ausgezeichnet.

Aber nicht nur die Kanzlei wurde wegen der besonderen Kompetenz im Erbrecht ausgezeichnet, sondern auch unser Kollege, Rechtsanwalt Eberhard Rott, Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Steuerrecht und Testamentsvollstrecker (AGT). Er wird für Erbrecht als „TOP Anwalt 2020“ empfohlen.

Wir freuen uns mit unseren Erbrechtlern Eberhard Rott, Hansjörg Tamoj und Joachim Hermes, und gratulieren dem gesamten HÜMMERICH legal Erbrechtsteam und seinem Mitarbeiterstab.

Die Veröffentlichung finden Sie in der WirtschaftsWoche Ausgabe Nr. 48 vom 20.11.2020.

mehr...

Stets gefragt: Das HÜMMERICH legal Erbrechtsteam in der Fachliteratur

Auch in diesem Jahr hat das Erbrechtsteam von HÜMMERICH legal wieder zu aktuellen Themen des Erbrechts veröffentlicht. In der ErbR – Zeitschrift für die gesamte erbrechtliche Praxis zeigen auch unsere Rechtsanwälte Entwicklungen und Problemlösungen für aktuelle erbrechtliche Fallkonstellationen auf.

In Heft 2/2020, S. 17f. veröffentlichte das Autorenteam Fachanwalt für Erbrecht Eberhard Rott und Rechtsanwältin Melissa Rott eine Anmerkung zu einem Urteil des OLG Hamburg aus dem letzten Jahr. In ihrem Beitrag zeigen sich die Autoren erfreut über die Feststellung des OLG, dass die Pflicht zur Erstellung des Nachlassverzeichnisses bereits mit der Annahme des Amtes beginnt. Kritisch sei jedoch, dass das OLG den Zeitraum von sieben Monaten für die Erstellung des Nachlassverzeichnisses als noch hinnehmbar angesehen hat. Deutlich machen die Autoren, dass die Entscheidung nur solche letztwilligen Verfügungen betrifft, in denen auf die Fälligkeitsbestimmungen der Vergütungsempfehlungen des Deutschen Notarvereins 2000 Bezug genommen wird. Im Übrigen bedauern die Autoren, dass das OLG sich nicht zu den in der Praxis häufig auftretenden Interessenkonflikten in der Person des Testamentsvollstreckers im Rahmen eines Entlassungsverfahrens einlässt.

In Heft 7/2020, S. 23f. veröffentlichte Rechtsanwältin Katharina Weiler, Testamentsvollstreckerin (AGT) Anmerkungen zu einem Urteil des OLG Köln aus 2019. Hierbei positioniert sie sich kritisch zu der vom OLG vertretenen Auslegung des Testamentes und dessen Rechtsansicht, dass im Verfahren auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses das Nachlassgericht die in einem anhängigen Entlassungsverfahren vorgebrachten Entlassungsgründe zumindest dann nicht berücksichtigen darf, wenn der Testamentsvollstrecker vom Erblasser ernannt wurde. Einer derartigen Restriktion unterwerfe sich die Rechtsprechung auch an anderer Stelle nicht. Erst recht müsse deswegen die Prüfungskompetenz des Nachlassgerichts dann auch die Entlassungsgründe gegen den Testamentsvollstrecker umfassen.

In Heft 8/2020, S. 580f. veröffentlichte Fachanwalt für Erbrecht Hansjörg Tamoj Anmerkungen zu einem Urteil des OLG Schleswig-Holstein aus dem vergangenen Jahr. Zwar stimmt Rechtsanwalt Tamoj dem OLG zunächst zu, dass der nachträgliche Austausch des Testamentsvollstreckers bei erbvertraglichen Vereinbarungen und gemeinschaftlichen Testamenten – sofern er nicht die Erbeinsetzung beeinträchtigt – zulässig ist, jedoch kritisiert er die Einschätzung, dass die erstmalige Anordnung einer Vergütungsverpflichtung eine solche Beeinträchtigung zur Folge habe und sich daraus die Unwirksamkeit des Austausches ergäbe. Vielmehr beinhalte der Austausch an sich keine Beeinträchtigung, während allenfalls die Vergütungsanordnung die Erbengemeinschaft beeinträchtige. Es könne also auch nur letztere unwirksam sein.

In Heft 9/2020, S. 661f. veröffentlicht wiederum das Autorenteam Fachanwalt für Erbrecht Eberhard Rott und Rechtsanwältin Melissa Rott Anmerkungen zu einem Urteil des OLG Hamburg ebenfalls aus 2019. Obwohl sie dem Urteil im Ergebnis zustimmen, weist die Entscheidung Probleme in der argumentativen Begründung auf. Das OLG vertrat nämlich die Ansicht, dass ein nicht mit einer Testamentsvollstreckung belasteter Miterbe die Entlassung des Testamentsvollstreckers beantragen kann, wenn sich für den Miterben Nachteile aus der womöglich mangelhaften Tätigkeit des Testamentsvollstreckers ergeben könnten. Vorstrafen des Testamentsvollstreckers wegen Vermögensdelikten sowie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen seien, insbesondere bei nur mangelhafter Einhaltung seiner Buchführungspflichten, Gründe für seine Entlassung gemäß § 2227 BGB. Dem stünde die Kenntnis des Erblassers nicht entgegen. Diese Ansicht erscheint Rott/Rott schon grundrechtlich problematisch und sei nach dem Gesetz nicht ohne Weiteres so anzunehmen.

mehr...

Karstadt Kaufhof Schließung – was ist zu tun?

Noch nicht lange her, da fusionierten die Warenhausketten Karstadt und Kaufhof. Nun stehen Betriebsschließungen an. Auch NRW ist betroffen. Im Großraum Köln Bonn werden die Häuser von Karstadt Bonn, Galeria Kaufhof Brühl, Karstadt Gummersbach, Galeria Kaufhof Köln-Weiden und Leverkusen geschlossen. Schon zum 31.10.2020 soll es zu Ende sein. Die Mitarbeiter werden gekündigt. Abfindungen sind nur in geringem Umfang vorgesehen. Bis maximal 2,5 Gehälter pro Mitarbeiter sind es nach den insolvenzrechtlichen Vorgaben. Als Alternative wird den Mitarbeitern für 6 Monate der Wechsel in eine sog. Transfergesellschaft angeboten. Dazu wird ein dreiseitiger Vertrag geschlossen und das u.U. jahrelange Arbeitsverhältnis zu Galeria Karstadt Kaufhof ohne weitere Ansprüche beendet. Für die betroffenen Arbeitnehmer ist das bitter. Eine Entscheidung  zwischen Pest und Cholera.

Doch welche Auswirkungen hat das für mich, werden sich viele Mitarbeiter fragen. Die Unternehmensseite macht Druck. Die Mitarbeiter sollen sich schnell für einen Wechsel in eine sog. Transfergesellschaft entscheiden. In manchen Häusern werden aber noch Gespräche mit den Vermietern geführt. Das könnte derzeit einer Kündigung entgegenstehen.

Wenn Sie Fragen zu Ihrem Arbeitsverhältnis haben, melden Sie sich bei mir. Schnell und unkompliziert können wir Ihre Fragen besprechen. 

Thomas Regh, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Tel. 0228/60414-25, thomas.regh@huemmerich-legal.de

 

 

mehr...

Vater ist nicht gleich Vater – jedenfalls nicht für den Bundesfinanzhof

In den meisten Fällen ist der biologische Vater zugleich auch der rechtliche Vater. Es gibt jedoch Situationen, in denen biologischer und rechtlicher Vater auseinanderfallen. Dies kann etwa dann geschehen, wenn der Ehemann die Vaterschaft für ein Kind seiner Frau anerkennt, welches er nicht gezeugt hat. Der Ehemann wird hier rechtlicher Vater, biologischer Vater bleibt jedoch der Erzeuger des Kindes. Genau dieser Fall lag nun dem Bundesfinanzhof (BFH) vor. Es ging um Schenkungsteuer.

Der biologische Vater wollte seiner leiblichen Tochter 30.000 € schenken und hierfür die Steuerklasse I angewandt wissen. Das Finanzamt hingegen wollte Steuerklasse III zur Anwendung kommen lassen. Der Unterschied liegt hier nicht nur in der Höhe der Besteuerung, sondern auch in der Höhe der Freibeträge. Für die Tochter machte dieser Unterschied immerhin 3.000 € aus! Das Finanzamt forderte diesen Betrag. Das Finanzgericht hingegen war anderer Meinung. Also musste der BFH entscheiden.

Der BFH entschied zugunsten des Finanzamtes. Der rechtliche Vater würde auch deshalb steuerlich bessergestellt, weil er Pflichten und Rechte dem Kind gegenüber habe. Beispielsweise sei er pflichtteilsberechtigt sei. Der biologische Vater habe all das nicht. Deswegen könne er auch nicht den Vorteil der steuerrechtlichen Begünstigung für sich geltend machen. Außerdem wären sonst Kinder, die einen anderen biologischen, als rechtlichen Vater haben, bevorteilt. Sie könnten insbesondere von zwei Vätern steuerlich günstig und mit hohen Freibeträgen erben. Ein solcher Vorteil erscheine nicht gerecht.

Das Urteil vermag nicht in jeder Hinsicht zu überzeugen. Häufiger als die Situation, dass ein Kind „zwei Väter“ hat, ist die, dass ein Kind zwar einen biologischen Vater hat, dieser aber die Vaterschaft (noch) nicht anerkannt hat. Dann wäre das Kind benachteiligt, da es keinen Vater hat, von dem es steuerlich erleichtert erben oder Schenkungen erlangen könnte. Auch ist das Kind hier nicht pflichtteilsberechtigt.

Auch die Argumentation des BFH, es bestünden keine Rechte und Pflichten des leiblichen Vaters, weswegen er nicht zu begünstigen sei, erscheint nicht ganz folgerichtig. Der Gesetzgeber hat 2013 die Rechte des leiblichen Vaters gestärkt. Nach § 1686a BGB hat der leibliche Vater unter den Voraussetzungen des Kindeswohls und des berechtigten Interesses ein Recht auf Umgang mit dem Kind und Auskunft über das Kind. Ebenso hat der sogenannte „Scheinvater“ (jemand der glaubt, Vater des Kindes zu sein, es aber nicht ist) ein Recht auf Auskunft über den wirklichen Vater des Kindes, etwa um von diesem den gezahlten Unterhalt zurückzuverlangen. Hierdurch können für den leiblichen Vater auch Pflichten entstehen.

Insofern ist die Argumentation des BFH, es bestünden keine Rechte und Pflichten des leiblichen Vaters, weswegen er nicht zu begünstigen sei, zumindest nicht ganz richtig. Es erscheint daher angezeigt, dass sich der Gesetzgeber des Themas annimmt und die Stärkung der Stellung des leiblichen Vaters auch auf die steuerlichen Aspekte auszuweiten.

Gleichwohl ist das Urteil jetzt für alle Betroffenen zu beachten. Es lohnt sich dementsprechend, vor Schenkungen oder bei gewünschter Vererbung an sein leibliches, aber nicht rechtliches Kind, qualifizierte rechtliche und steuerliche Beratung einzuholen.
 
 
Eberhard Rott
Fachanwalt für Erbrecht und Fachanwalt für Steuerrecht, Testamentsvollstrecker (AGT)
für das HÜMMERICH legal Erbrechtsteam

mehr...

Sind Betriebsschließungen im Rahmen der Coronaschutzmaßnahmen zulässig?

Um die Folgen für das Gesundheitssystem und damit letztlich für jeden gegebenenfalls infizierten Erkrankten einzudämmen, haben die Bundesregierung und die Landesregierungen eine Vielzahl von Schutzmaßnahmen umgesetzt, welche sich sowohl an den Bürger selbst (Kontaktverbote) als auch an Betriebe (Betriebsschließungen und Betriebseinschränkungen) richten. Infolgedessen ist das soziale Leben, allerdings auch das Wirtschaftsleben in Deutschland nahezu zum Erliegen gekommen. Bei genauer Betrachtung der seit Sonntag, den 22.3.2020 in allen Bundesländern mit Wirkung bis zum 20.4.2020 erlassenen Rechtsverordnungen stellt sich jedoch die Frage, ob die dort angeordneten Zwangsmaßnahmen tatsächlich auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage in einem formalen Gesetz beruhen.

  1. Rechtmäßigkeit der Maßnahme

Soweit die Bewegungsfreiheit des Bürgers eingeschränkt und Versammlungen wie Ansammlungen verboten werden, bestehen keine wesentlichen Bedenken, da diese Möglichkeit in § 28 Infektionsschutzgesetz (IfSG) ausdrücklich vorgesehen ist und dieses Gesetz den Erlass entsprechender Rechtsverordnungen ausdrücklich vorsieht.

Nach dieser Vorschrift können notwendige Schutzmaßnahmen, insbesondere die Beobachtung, die Quarantäne und ein berufliches Tätigkeitsverbot ausgesprochen, Veranstaltungen und Ansammlungen verboten, Badeanstalten und Gemeinschaftseinrichtungen im Sinne des § 33 Infektionsschutzgesetzes geschlossen sowie Personen verpflichtet werden, den Ort an dem sie sich Befinden nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind. Ausdrücklich bestimmt § 28 Infektionsschutzgesetz, das in diesem Rahmen die Grundrechte der Freiheit der Person, der Versammlungsfreiheit und der Unverletzlichkeit der Wohnung eingeschränkt werden.

Zweifelhaft ist jedoch, ob diese Ermächtigungsgrundlage auch die Schließung von Betrieben rechtfertigt.

Eine Einschränkung des Eigentumsrechtes Art. 14 GG und/oder der Berufsfreiheit (Art 12 GG) ist in § 28 IfSG ausdrücklich nicht erwähnt und damit auch nicht vorgesehen. Dem folgend ist auch nicht vorgesehen, dass die Schließung von gewerblich tätigen Betrieben veranlasst werden kann. Vielmehr ist den Bestimmungen des Gesetzes zu entnehmen, dass die Schutzmaßnahmen, mit Ausnahme der Betriebsuntersagungen zu § 33 IfSG, ausschließlich darauf ausgerichtet sind, den Bewegungskreis der Bevölkerung (im öffentlichen Raum) einzuschränken. Vor diesem Hintergrund ist zumindest zweifelhaft, ob die Norm des § 28 IfSG tatsächlich auch den umgekehrten Ansatz der Betriebsschließung, ungeachtet der Beantwortung der Frage, ob von diesem eine Gefahr ausgeht oder nicht, abdeckt.

Von dieser Frage sind nicht nur Betriebe betroffen, denen nach den Rechtsverordnungen der Länder (in NRW die Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2, vom 22.03.2020 – CoronaSchVO) generell die Betriebsfortführung untersagt ist (nicht ausgenommener Einzelhandel, Augenoptiker, Hörgeräteakustiker etc, Restaurants, Gatstätten etc.). Betroffen sind auch solche Betriebe, die wegen einer Schutzmaßnahme mittelbar in ihrer Betriebsführung beeinträchtigt sind; so etwa der Bundesligist einer Profisportart, dem der Betrieb seiner Sportanlage verboten ist, dem Hotel, dass keine Übernachtungen zu touristischen Zwecken anbieten darf und Dienstleistungs- und Handwerksbetriebe, bei denen ein Mindestabstand von 1,50 m nicht eingehalten werden kann. Denn hier wirken sich die betriebsbezogenen Verbote wie eine (ggf. teilweise) Betriebsstillegung aus.  

Hinzukommt, dass auch nach § 28 IfSG nur notwendige Schutzmaßnahmen angeordnet werden dürfen.

Die Corona Schutzverordnung stellt im weitesten Sinne eine ordnungsbehördliche Schutzmaßnahme dar, die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unterliegt.

Im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist also stets zu prüfen, ob es nicht möglich ist, das gleiche Schutzziel durch ein milderes Mittel zu erwirken. Hierzu kann gehören, dass bei Aufrechterhaltung des Betriebes, Anordnung zusätzlicher Schutzmaßnahmen getroffen werden, wie etwa die Begrenzung der Mindestzahl der Kunden in einem Verkaufsraum, die Einhaltung von Abständen, das Tragen von Schutzkleidungen und andere Anordnungen, die das Übertragungsrisiko verhindern oder vermindern.

Soweit ersichtlich, befassen sich im Kern auch die bereits in den letzten Tagen ergangenen Gerichtsentscheidungen im Zusammenhang mit angeordneten Schutzmaßnahmen, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Gegenstand des Verfahrens sind dabei Anfechtungsklagen gegen die vor dem 22.3.2020 ergangenen Allgemeinverfügungen der Ordnungsbehörden. Hier war stets zu prüfen, ob die aufschiebende Wirkung der jeweiligen Klagen anzuordnen war (§ 80 Abs. 5 VwGO). Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn schon ihn dem anhängigen Eilverfahren eine summarische Prüfung ergibt, dass die angefochtene Allgemeinverfügung in Bezug auf den jeweils betroffenen voraussichtlich rechtswidrig ist.

  1. Aktuelle Rechtsprechung

Die Verwaltungsgerichte haben – soweit bereits ersichtlich- in diesen Eilverfahren den Eilrechtsschutz in der Regel mit der Begründung abgelehnt, dass der Ausgang im Hauptsacheverfahren offen sei und dem nicht vorgegriffen werden soll (VG Aachen, Beschluss vom 24.03.2020 7 L 230/20; Schleswig-Holsteinisches VG Beschluss vom 22.03.2020, 1 B 17/20).

Der Verfassungsgerichtshof in Sachsen hat indes die 15. Grosse Strafkammer des LG Dresden am 20.03.2020 verpflichtet eine öffentliche Hauptverhandlung in einem Strafverfahren durchzuführen, weil es die Verschiebung für unverhältnismäßig hielt (VGH Sachsen, 20.03.2020 – Vf.39-IV-20 (e.A).

  1. Zulässiges Rechtsmittelverfahren

In der nahen Zukunft wird es nicht mehr um die Beantwortung der Frage gehen, ob Allgemeinverfügungen rechtswidrig waren und deshalb für die Dauer des Hauptsacheverfahrens die Verfügung auszusetzen ist. Vielmehr richtet sich das Rechtsmittel, nachdem auch das Land Nordrhein – Westfalen dazu übergegangen ist, die Beschränkungen durch Rechtsverordnung zu regeln, gegen die Verordnung selbst.

Das zulässige Rechtsmittel wäre die Normenkontrollklage gemäß § 47 VWGO in Verbindung mit §§ 109a, 133 Abs. 3 S. 2 Justizgesetz Nordrhein-Westfalen.

Denn bei der CoronaSchutzVO handelte sich um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift, für deren Überprüfung das Oberverwaltungsgericht in einem Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO zuständig ist.

Die Normenkontrollklage müsste binnen einen Jahres seit Inkrafttreten der Corona Schutzverordnung, d. h. spätestens bis zum 20. März 2021 beim Oberverwaltungsgericht eingegangen sein. Sofern sie bis dahin ihre Gültigkeit verloren hätte, wäre das Verfahren ggf. im Fortsetzungsfestellungsmodus fortzusetzen.

Ungeachtet der Notwendigkeit das Hauptsacheverfahren zu betreiben, besteht auch die Möglichkeit, gemäß § 47 Abs. 6 VWGO i.V.m. §§ 109a, 133 Abs. 3 S. 2 Justizgesetz den Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen zu beantragen. Dazu ist die gleichzeitige Anhängigkeit des Hauptsacheverfahrens nicht erforderlich. Vielmehr kann das Oberverwaltungsgericht auch ohne Anhängigkeit des Hauptsacheverfahrens im einstweiligen Rechtsschutz Schutzmaßnahmen verfügen, wenn sich schon im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes erweist, dass die Rechtsverordnung rechtswidrig oder nichtig ist (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein Westfalen, Beschluss vom 26.03. 2019 – 4 B 1019 / 19.NE-, Juris).

Bis zu einer Entscheidung über einen Antrag auf Erlass einstweiligen Rechtsschutzes ist mit einer Verfahrensdauer von 3-5 Wochen zu rechnen. Dies wiederum müsste mit Blick auf die Aufnahme des Spielbetriebes einkalkuliert werden.

  1. Schadenersatz

 Sofern sich die Maßnahme als rechtswidrig erweist, kann dies Schadenersatzansprüche gegen den Staat auslösen. Grundsätzlich haftet der Staat gemäß § 839 BGB i.V.m. Art 34 GG für den Ersatz des Schadens, der dadurch entsteht, dass ein Beamter in Ausübung seines Amtes eine Amtspflicht schuldhaft verletzt. Zu den wesentlichen Amtspflichten gehört die Pflicht, rechtmäßig zu handeln und damit auch rechtmäßige Entscheidungen zu treffen.

Entschädigungsansprüche können sich aber auch ohne schuldhaftes Handeln aus dem Umstand ergeben, dass staatliches Handeln enteignende Wirkungen entfaltet (enteignender und enteignungsgleicher Eingriff) oder aus der Tatsache resultieren, dass der Staat rechtmäßige ordnungsbehördliche Maßnahmen ergreift, die den Bürger beeinträchtigen, obwohl er selbst für die Störung nicht (Mit-) Verantwortlicher (Störer) ist.

In den Fällen, in denen es um die Entschädigung wegen rechtswidriger Eingriffe des Staates geht, ist in der Regel Voraussetzung, dass vorrangig eine Vermeidung des Schadens durch die Inanspruchnahme von Rechtsmitteln versucht wurde. Mithin ist in diesen Fällen immer zunächst der Rechtsmittelweg zu beschreiten.

 

Hansjörg Tamoj

Fachanwalt für Verwaltungsrecht

mehr...

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT STÄRKT DAS RECHT AUF SELBSTBESTIMMTES STERBEN: §217 STGB IST VERFASSUNGSWIDRIG!

Unsere Nachbarländer, wie etwa die Schweiz, die Niederlande oder Belgien, erlauben schon seit einiger Zeit den assistierten Suizid. Anders Deutschland: Im Dezember 2015 wurde die professionelle Beihilfe zum Suizid sogar explizit unter Strafe. Dabei war es bis dahin auch in Deutschland völliger Konsens, dass die Teilnahme an einem Suizid straflos ist. Und dazu gehört eben auch die Hilfestellung, also die Assistenz zu einem Suizid.

Suizidhilfe war dadurch fast unmöglich geworden. Das hat sich mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 26.02.2020 geändert. Es gab gleich die Höchststrafe für den Gesetzgeber. Nicht nur, dass das Gesetz ab sofort nicht mehr gilt, es ist sogar nichtig. Das bedeutet rechtlich, dass dieses Gesetz noch nie gegolten hat.

Nach ausführlicher Diskussion hatte der Bundestag 2015 beschlossen, geschäftsmäßige – also wiederholte – Förderung von Suizid unter Strafe zu stellen. Das sollte vor Einflussnahme und vor einer Normalisierung des Suizids als geplantes Lebensende schützen. Hierdurch wurde beispielsweise die Arbeit von Vereinen wie „Sterbehilfe Deutschland e.V.“ des ehemaligen Hamburger Justizsenators Roger Kusch verboten. Aber auch Ärzte befürchteten, sich bei der Begleitung von oft todkranken Patienten, die ihr Leiden selber verkürzen wollten, etwa durch Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit oder durch Einnahme von tödlichen Medikamenten, strafbar zu machen. Die wenigen Ärzte, die bereit waren, trotz der rechtlichen Risiken Patienten hin zu einem Suizid zu begleiten, waren für Patienten nicht erreichbar, da ihnen die Möglichkeit verwehrt blieb, sich zu informieren.

Dagegen hatten Betroffene, Ärzte und Vereine geklagt.
 
Obwohl das Gericht die Sorgen über Einflussnahme und der Normalisierung des Suizids teilt, stehe jedem ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben zu. Dieses Recht beinhalte auch die Freiheit bei Dritten Hilfe zu ersuchen und, soweit angeboten, auch anzunehmen.

Die Entscheidung bedeutet eine Entlastung für Betroffene, Ärzte, und Angehörige. So sehr man eine Entscheidung für diesen Ausweg persönlich bedauern sein mag, so wichtig kann für den betroffenen Menschen die Möglichkeit dieses letzten Auswegs sein. Ärzte können nach bestem Gewissen offen mit Patienten reden, ohne eine strafrechtliche Verfolgung fürchten zu müssen. Dieses offene Gespräch ist auf jeden Fall im Interesse der Betroffenen. Für die Angehörigen ist es eine Entlastung, nicht mehr alleine dafür verantwortlich zu sein, ihre Liebsten beim Sterben zu begleiten. Bisher waren sie zuweilen die Einzigen, die ohne Sorge vor Strafe ein Medikament zum Suizid bereitstellen konnten – und mit dieser Verantwortung umgehen mussten –.  

Grundsätzlich sei eine Regulierung der Suizidhilfe durchaus erlaubt. Das Gericht fordert aber deutlich mehr Feingefühl des Gesetzgebers für diese schwierige und besonders persönliche Entscheidung eines jeden Einzelnen. Das Ziel dürfe nicht die Missbilligung oder Reduzierung von assistierten Suiziden im Generellen sein.
 
Es müssten vielmehr Mechanismen eingeführt werden, die garantieren, dass eine Entscheidung zu einem assistierten Suizid frei und unbeeinflusst von Anderen oder von eigenen psychischen Störungen getroffen wird. Dazu gehöre, dass demjenigen alle verfügbaren Informationen zur Verfügung stünden. Außerdem müsste sichergestellt sein, dass es sich nicht nur um eine kurzfristige Entscheidung handele.
 
Das Bundesverfassungsgericht hat hier einen genauen Blick in die uns umgebenden Staaten geworfen. Denn eben diese vorgeschlagenen Mechanismen von Wartezeiten und Aufklärungspflichten sind in den Niederlanden und Belgien etwa längst implementiert. Anders als dort soll es in Deutschland allerdings keine Rolle spielen, ob der Patient schwer erkrankt ist oder wie alt er ist. Das Recht, sein Leben zu beenden, bestehe in jeder Phase menschlicher Existenz. Eine gewagte These, die einerseits für Kritiker Tür und Tor öffnet, andererseits aber deutlich macht, für wie gewichtig das Bundesverfassungsgericht die Selbstbestimmung der einzelnen Person hält.

Doch das Gericht geht noch weiter. Es rät außerdem zu einer bundesweit einheitlichen Ausgestaltung des Berufsrecht der Ärzte und Apotheker sowie einer eventuellen Anpassung des Betäubungsmittelrechts. Für die Ärzte und Apotheker bedeutete dies mehr Klarheit und für Patienten einheitliche Regelungen in allen Bundesländern auf die sie nicht, abhängig vom Wohnort, benachteiligen.

Zuletzt gibt es dann doch noch eine Einschränkung. Trotz des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben gebe es keinen Anspruch gegen Dritte auf Hilfe bei der Selbsttötung und somit kann niemanden, auch keine Ärzte, eine Pflicht zur Suizidhilfe treffen. Am Ende bleibt sich das Urteil damit aber vor allem in Einem treu: Die Freiheit zur Selbstbestimmung ist ein nur schwer einzuschränkendes Gut. Die Freiheit der Patienten, die Freiheit von Helfenden, aber auch die Freiheit von Ärzten zu entscheiden, dass sie keine Suizidhilfe leisten wollen.
 
Inwieweit die Befürchtungen von Teilen des Bundestages und anderer Kritiker des aktuellen Urteils eintreten, bleibt abzuwarten. Einfluss darauf wird zumindest auch die genaue Ausgestaltung einer neuen Regelung haben, der sich nun die Politik widmen muss. § 217 StGB existiert seit dem 26. Februar 2020 nämlich nur noch auf dem Papier.
 
Eberhard Rott
Fachanwalt für Erbrecht und Fachanwalt für Steuerrecht, Testamentsvollstrecker (AGT)
für das HÜMMERICH legal Erbrechtsteam

mehr...