Lesen und Kopieren privater E-Mails von Kollegen – Neugier kann böse Folgen haben!
Das Landesarbeitsgericht Köln hat die fristlose Kündigung einer neugierigen Arbeitnehmerin wegen Lesen, Kopieren und Weitergeben einer privaten E-Mail eines Kollegen nebst Chat-Anhang bestätigt – Urteil vom 02.11.2021 – Aktenzeichen 4 Sa 290/21.
Der Sachverhalt war wie folgt: Die Klägerin war als Küsterin einer Kirchengemeinde beschäftigt. Für die Tätigkeit in der Verwaltung war die Klägerin berechtigt, auf das Emailkonto der Kirchengemeinde zuzugreifen. Zufällig entdeckte sie eine E-Mail eines Kollegen (Herr C.) mit offenkundig rein privatem Inhalt. Es ging dabei um Informationen bezüglich eines laufenden Ermittlungsverfahrens „wegen eines möglicherweise strafrechtlich relevanten Fehlverhaltens in Umgang mit Frau A“. Des Weiteren öffnete die Klägerin im Emailkonto der Beklagten eine E-Mail mit der Bezeichnung „Chatverlauf Ca “ (Name für Frau A ), kopierte die Datei mit dem angehängten Chatverlauf auf einem USB-Stick. Nach circa einer Woche ließ die Klägerin einer Kollegin den USB-Stick mit dem Chatverlauf zukommen. Später übergab die Klägerin den Chatverlauf an die Staatsanwaltschaft. Der Kollege – C – wurde bis auf Weiteres beurlaubt. Nachdem die Staatsanwaltschaft das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt hatte, wurde die Beurlaubung aufgehoben. C. beschwerte sich bei der Kirchengemeinde, dass die Klägerin eine „Whatsapp-Chatkommunikation“ auf einen USB-Stick kopiert und der Polizei übergeben hätte. Auch ein weiterer „Datenklau“ könne in diesem Zusammenhang stehen.
Die beklagte Kirchengemeinde hörte dazu die Mitarbeitervertretung an und kündigte die Klägerin anschließend fristlos. Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Aachen. Die Vorinstanz, das Arbeitsgericht Aachen, gab der Klage statt. Die Kündigung sei unverhältnismäßig, der Arbeitgeber habe die Klägerin zunächst abmahnen müssen. Anders das LAG Köln, dass der Beklagten recht gab.
Die Klägerin habe die offenkundig private E-Mail gelesen und damit gegen ihre Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB gegenüber dem Arbeitgeber (und dem Kollegen) verstoßen. In dem Ausdrucken, Kopieren auf einen Datenträger und der Weitergabe lägen weitere schwere Pflichtverstöße, die zu einer Kündigung aus wichtigem Grund (§ 626 BGB) führten.
Fraglich, aber in den Urteilen nicht thematisiert, ist natürlich auch die Frage, ob und wie die Klägerin in Bezug auf den Datenschutz vom Arbeitgeber geschult worden ist; dazu sind Arbeitgeber nach Art. 32 Abs. 4 DSGVO verpflichtet! Je nachdem, ob dies erfolgt ist, könnte sich daraus eine datenschutzrechtliche Verantwortung des Arbeitgebers für den Pflichtverstoß der Mitarbeiterin ergeben. Vorliegend richtet sich dies zwar nach den spezifischen Datenschutzbestimmungen der Kirche, jedoch ist der Vorfall generell nicht ungewöhnlich und wird sich auch in „normalen“ Betrieben des Öfteren wiederholen.
Mit Spannung bleibt abzuwarten, was die neuen Whistleblower-Regelungen hierzu bringen.
(Stand: März 2022)