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Bundesgerichtshof stärkt Recht auf kostengünstige Vorsorgevollmacht auch für Grundstücksgeschäfte.

Vorsorgevollmachten stellen ein wichtiges Instrumentarium in der Vermögensnachfolgegestaltung dar. Häufig werden die Vorsorgevollmachten nur unter dem Gesichtspunkt gesehen, dass sie die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung vermeiden sollen. Für die meisten Menschen steht dabei im Vordergrund, dass ihre Lebensumstände nicht durch einen ihnen völlig fremden Menschen bestimmt werden, wenn sie sich einmal nicht mehr selbst darum kümmern können. Aber auch finanzielle Aspekte können eine Rolle spielen: Die Kosten für das Betreuungsgericht können bei entsprechend Vermögen schnell einige tausend Euro pro Jahr betragen, hinzu kommen noch die Kosten für den Betreuer selbst.

Richtig gestaltet geht der Wirkungsbereich der Vorsorgevollmacht jedoch viel weiter. So können ermöglicht sie dem Bevollmächtigten nach dem Tod des Erblassers die komplette Nachlassabwicklung, ohne dass es eines – wiederum kostspieligen – notariellen Testamentes, eines Erbscheins oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses bedarf. Dies hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 12.11.2020 (V ZB 148/19) bestätigt.

Ausgangspunkt war eine anderslautende Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln. Ein Mann hatte mit einer Vorsorgevollmacht eine Freundin zu seiner allgemeinen Bevollmächtigten über den Tod hinaus eingesetzt und die Echtheit seiner Unterschrift unter der Vollmachtsurkunde durch die Betreuungsbehörde beglaubigen lassen. Nach dem Tod wollte die Freundin unter Bezugnahme auf diese Vollmacht das Grundstück an einen Dritten übertragen. Das Grundbuchamt und das OLG Köln verweigerten die Umschreibung. Die Betreuungsbehörde sei aus Rechtsgründen nicht befugt, Unterschriften unter Vollmachten zu beglaubigen, die dem Bevollmächtigten ein Handeln über den Tod hinaus ermöglichen würden.

Der Bundesgerichtshof sieht das ganz anders. Nach seiner Auffassung habe der Gesetzgeber durch das Betreuungsbehördengesetz die Verbreitung der Vorsorgevollmacht stärken wollen. Diesem Zweck kann eine Vollmacht aber „nur erreichen, wenn der Bevollmächtigte hinsichtlich seiner Befugnis, Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen für den Vollmachtgeber vorzunehmen, im Außenverhältnis nicht der Beschränkung auf den Vorsorgefall unterliegt. Ist die Vorsorgevollmacht nur bedingt erteilt, führt dies nämlich im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erheblichen Unsicherheiten und praktischen Schwierigkeiten. Weil die Vollmacht in diesem Fall nur wirksam ist, wenn der Vollmachtgeber tatsächlich betreuungsbedürftig ist, kann der Geschäftspartner (Bank, Versicherung, Behörde, Gericht usw.) nicht prüfen und zuverlässig feststellen, ob der Bevollmächtigte mit Vertretungsmacht handelt. Er wird die Vollmacht daher im Zweifel nicht akzeptieren oder bestenfalls einen aktuellen und sicheren Nachweis der Betreuungsbedürftigkeit des Vollmachtgebers verlangen. Die mit einer bedingt erteilten Vorsorgevollmacht verbundenen Schwierigkeiten zeigen sich insbesondere im Grundbuchverkehr. Dem Grundbuchamt müsste der Eintritt der Bedingung, unter der Vorsorgevollmacht erteilt ist, also die Betreuungsbedürftigkeit, in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden; das ist aber praktisch nicht möglich. Die Vorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 1 BtBG wäre folglich, wenn die Beglaubigungskompetenz nur für eine durch die Betreuungsbedürftigkeit bedingte Vorsorgevollmacht bestünde, bedeutungslos. Das Ziel des Gesetzgebers, die Akzeptanz der Vorsorgevollmacht im Rechtsverkehr, insbesondere bei Banken und Sparkassen, zu erhöhen (vgl. BT-Drucks. 15/2494 S. 15), würde nicht erreicht.“

Praxistipp:

Die Kosten für die Beglaubigung einer Unterschrift unter einer Vorsorgevollmacht liegen, je nach Bundesland etwas unterschiedlich, bei rund zehn Euro. Auch diese Vollmacht sollte beim Vorsorgeregister registriert werden. Auch das kann man für einen geringen Betrag online selbst erledigen, ebenso wie die Registrierung des eigenhändigen Testamentes, das man für einen Betrag von 75 € überdies selbst beim Nachlassgericht sicher in die Verwahrung geben kann. Allerdings sollte die Sparsamkeit nicht dazu verleiten, bei der Gestaltung des Testamentes und der Vorsorgevollmacht – einschließlich des zugrundeliegenden Geschäftsbesorgungsvertrages, auch sog. Innenvollmacht genannt – auf „Ankreuzvollmachten“ aus dem Internet oder ähnlichem zurückzugreifen. Überlegen Sie einmal, wann Sie zuletzt Fragen auf einem Fragebogen angekreuzt haben. Vermutlich war das bei Ihrer Führerscheinprüfung. Und dann überlegen Sie, wie lange Sie büffeln mussten, um die Fragen richtig zu verstehen und die korrekten Antworten zu geben. Bei so wichtigen Dingen wie Testament und Vorsorgevollmacht soll das nicht gelten?

Das HÜMMERICH legal Erbrechtsteam begleitet sie mit der Erfahrung von zusammen bald hundert Berufsjahren und speziell auf sie zugeschnittenen Dokumenten sicher durch die Themenkreise Vorsorgevollmacht, Testament und mehr.

Eberhard Rott

Fachanwalt für Erbrecht und Fachanwalt für Steuerrecht, Testamentsvollstrecker (AGT)

für das HÜMMERICH legal Erbrechtsteam

eberhard.rott@huemmerich-legal.de

Universitätsmedizin: Wissenschaftsfreiheit garantiert nicht die Beibehaltung einer Leitungsfunktion im Bereich der Krankenversorgung

Die im Grundgesetz in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützte Wissenschaftsfreiheit gewährleistet nicht, dass der in einer so genannten Funktionsbeschreibung festgelegte Tätigkeitsbereich einer Universitätsprofessorin an einem Universitätsklinikum, den sie neben ihren Aufgaben in Forschung und Lehre an der Universität wahrzunehmen hat, nach einer Umstrukturierung des Klinikums weiterhin eine Leitungsfunktion im Bereich der Krankenversorgung umfasst. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit Urteil vom 3. Februar 2021 entschieden und damit seine Rechtsprechung zu Chefärzten ergänzt und präzisiert (Az: 2 C 4.19).

Die Klägerin ist als habilitierte Humanmedizinerin mit der Lehrbefugnis für das Fach „Innere Medizin“ im hessischen Landesdienst an einer Universität und an einem Universitätsklinikum tätig. Die ursprüngliche Funktionsbeschreibung (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 1 HSchulG HE 2010), die auf die Ausschreibung der Universitätsprofessur Bezug nimmt, beinhaltete auch Leitungsfunktionen in der Krankenversorgung des Universitätsklinikums (die Fachaufsicht und Leitung der gastroenterologischen Funktions- und Bettenbereiche der Medizinischen Klinik und Poliklinik). Nach strukturellen Änderungen in diesem Bereich teilte der Präsident der Universität der Klägerin mit, dass Art und Umfang ihrer Dienstaufgaben wegen der Neustrukturierung und der Einrichtung eines Zentrums für interdisziplinäre viszeral-medizinische Endoskopie überprüft und vorsorglich mit sofortiger Wirkung – soweit erforderlich, „unter ausdrücklicher Anpassung der ursprünglichen Funktionsbeschreibung“ – geändert worden seien. Dadurch entfiel für die Klägerin ein Teil der zuvor bestimmten Verantwortlichkeiten und Aufgaben in der Krankenversorgung.

Dagegen wandte sich die Klägerin. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat ihrer Klage mit Urteil vom 21. Februar 2019 (Az.: 1 A 710/17) stattgegeben. Auf die Revision des beklagten Landes und des beigeladenen Universitätsklinikums hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil aufgehoben und die Sache (ein zweites Mal, vgl. schon Beschluss vom 24. Januar 2017 – 2 B 107.15) zur anderweitigen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die ursprüngliche Funktionsbeschreibung stelle keinen Verwaltungsakt dar und habe der Klägerin mit den darin aufgeführten Leitungsaufgaben in der Krankenversorgung keine subjektive Rechtsposition zugewiesen. Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts verstoße gegen revisibeles Recht. Dem Berufungsurteil liege eine nach allgemeinen revisionsrechtlichen Grundsätzen zu beanstandende Auslegung des Inhalts der Funktionsbeschreibung zugrunde. Zudem werde der Gewährleistungsgehalt der durch das Grundgesetz garantierten und damit der revisionsgerichtlichen Beurteilung unterliegenden Wissenschaftsfreiheit verkannt: die Tätigkeit eines Hochschullehrers der Medizin an einer Universitätsklinik sei regelmäßig – wie auch bei anderen Ärzten ohne Wissenschaftsauftrag – in die Krankenversorgung und deren Organisationsstruktur eingeordnet. Diese Einordnung sei aber nicht unveränderlich. Soweit ein Hochschullehrer im Bereich der Krankenversorgung tätig sei, garantiere ihm die Wissenschaftsfreiheit lediglich einen angemessenen Tätigkeitsbereich, der nach Umfang und Inhalt eine hinreichende Grundlage an medizinischen Erkenntnissen dafür biete, dass der Hochschullehrer sein Fach in Forschung und Lehre angemessen vertreten könne.

Da das Berufungsurteil keine Tatsachenfeststellungen dazu enthält, ob der Tätigkeitsbereich, der der Klägerin aufgrund der geänderten Funktionsbeschreibung verbleibt, nach Umfang und Inhalt so gestaltet ist, dass sie ihr Fach in Forschung und Lehre angemessen vertreten kann, hat das Bundesverwaltungsgericht die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit es die erforderlichen Feststellungen trifft und diese seiner erneuten Entscheidung zugrunde legt.

 

Christian Mäßen
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Das HÜMMERICH legal Erbrechtsteam in der Fachliteratur: Aktuelles zur Testamentsvollstreckung

Aktuelles zur Testamentsvollstreckung – Rechtsprechung, Gestaltungsmöglichkeiten und Praxishinweise, NWB-EV 12/2020, 426 ff. und NWB-EV 1/2021, 27 ff.

Wie schon seit vielen Jahren, ist auch im Dezember 2020 ein neuer Beitrag zu Aktuellem in der Testamentsvollstreckung (Aktuelles zur Testamentsvollstreckung – Rechtsprechung, Gestaltungsmöglichkeiten und Praxishinweise – Teil 1, NWB-EV 12/20, S. 426 ff.) von einem Autorenteam des Erbrechtsdezernat von HÜMMERICH legal veröffentlicht worden. Aufgrund der Fülle an interessanter Rechtsprechung zur Testamentsvollstreckung im zurückliegenden Berichtszeitraum erstreckt sich der Beitrag über zwei Ausgaben (Teil 2, NWB-EV 1 /2021, S. 27 ff.). Dieses Mal wurde Fachanwalt für Erbrecht Eberhard Rott von dem wissenschaftlichen Mitarbeiter des HÜMMERICH legal Erbrechtsteam Ref. jur. Christian Vaaßen fachlich unterstützt. Es ging erneut darum, aus den vergangenen Entscheidungen die richtigen Schlussfolgerungen für die praktische Arbeit des Testamentsvollstreckers zu ziehen. Im ersten Teil ging es inhaltlich zum einen um die Frage, ob die Nichtberücksichtigung einer Anordnung, Vorempfänge zu berücksichtigen, als Pflichtverletzung angesehen werden kann. In erster Instanz wurde dies bejaht, das OLG bestätigte diese Auffassung. Auch die Autoren stimmen dem zu, bemängeln jedoch die nicht hinreichende Berücksichtigung erbrechtlicher Besonderheiten. Dabei wird deutlich, dass ein dem § 2204 BGB entsprechendes Vorgehen eine Haftung hätte vermeiden können. Weiterhin wurden Probleme der Entlassung eines Testamentsvollstreckers behandelt. In der Entscheidung des OLG Hamburg (Beschl. v. 28.8.2019 – 2 W 66/19) werden wesentliche Themenkomplexe der Testamentsvollstreckung angesprochen. Hier wird jedoch bedauert, dass fraglich bleibt, wie mit der letztwilligen Verfügung umzugehen ist, wonach der Testamentsvollstrecker für den Fall, dass er sein Amt nicht annehmen kann oder will, das Recht erhalten hat, seinen Nachfolger zu bestimmen.

Der zweite Teil widmet sich zunächst einer Entscheidung des OLG Köln (Beschl. v. 2.12.2019 – 2 W 347/19) und der Frage, ob das Nachlassgericht bei der Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses vorgetragene Entlassungsgründe zu prüfen hat. Anders als das Gericht sind die Autoren der Auffassung, dass eine solche Prüfung erfolgen sollte, denn im Ergebnis würde eine anderweitige Entscheidung dazu führen, dass sich sowohl der Rechtsverkehr, als auch die Erben Verfügungen von Testamentsvollstreckern ausgesetzt sehen, bei denen klare Entlassungsgründe vorliege, die später zu vielfältigen gerichtlichen Auseinandersetzungen wegen Pflichtverletzungen führen. Ferner geht es um die Frage, ob Vorstrafen eines Testamentsvollstreckers einen Entlassungsgrund darstellen. Dies wird überwiegend bejaht. Weitere wichtige Entscheidungen für Testamentsvollstrecker werden in Kurzübersicht dargestellt.

Das HÜMMERICH Legal Erbrechtsteam in der Fachliteratur: Grundzüge des deutschen Erbrechts

Das Autorenteam Fachanwalt für Erbrecht Eberhard Rott und wissenschaftliche Mitarbeiterin Elena Weber hat einen Beitrag über die Grundzüge des deutschen Erbrechts in The Practitioners‘ Guide to Applied Comparative Law and Language, Heidinger/Hubalek (Hrsg.) veröffentlicht.

In einer Neuauflage und unter neuem Titel erschienen, ist Anfang Januar 2021 „The Practitioners‘ Guide to Applied Comparative Law and Language“ (vormals bekannt als „Angloamerikanische Rechtssprache) mit Beiträgen aus dem US-amerikanischen, dem englischen, dem deutschen und dem österreichischen Rechtssystem, die eine fundierten Überblick über das jeweilige Fachgebiet in englischer bzw. US-amerikanischer Fachsprache geben. Den jeweiligen Facheinführungen folgen gebietsspezifische Glossare für die praktische Arbeit. In Band 1, welcher die Rechtsgebiete Vertragsrecht, Gesellschaftsrecht, Handels- bzw. Unternehmensrecht, deliktisches Schadensersatzrecht, Liegenschaftsrecht, Arbeitsrecht, Familienrecht, Erbrecht, Zivilprozessrecht und Schiedsgerichtsbarkeit behandelt, veröffentlichte das Autorenteam Fachanwalt für Erbrecht Eberhard Rott und wissenschaftliche Mitarbeiterin Elena Weber einen Beitrag über die Grundzüge des deutschen Erbrechts (S. 499 ff.), der von Frau Andrea Hubalek ins Englische übersetzt wurde. Dabei geht es um die grundlegenden Prinzipien des Erbrechts, die gesetzliche und die gewillkürte Erbfolge, das Pflichtteilsrecht, die Erbengemeinschaft sowie neben Grundzügen des Verfahrensrechts auch um Instrumentarien zum Schutz des Nachlasses und die Besteuerung im Erbfall. Ein Nachschlagewerk für Rechtsanwälte, Wirtschaftsjuristen, Wirtschaftstreuhänder, Übersetzer und Studierende sowie all jene, die mit englischsprachigen Rechts- und Wirtschaftstexten zu tun haben.

HÜMMERICH legal als TOP Kanzlei für Erbrecht ausgezeichnet

Im Auftrag der WirtschaftsWoche ermittelte das Handelsblatt Research Institute unter mehr als 1340 Juristen die renommiertesten Erbrechtskanzleien. Die Kanzlei HÜMMERICH legal wurde im Rechtsgebiet „Erbrecht“ als „TOP Kanzlei 2020“ ausgezeichnet.

Aber nicht nur die Kanzlei wurde wegen der besonderen Kompetenz im Erbrecht ausgezeichnet, sondern auch unser Kollege, Rechtsanwalt Eberhard Rott, Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Steuerrecht und Testamentsvollstrecker (AGT). Er wird für Erbrecht als „TOP Anwalt 2020“ empfohlen.

Wir freuen uns mit unseren Erbrechtlern Eberhard Rott, Hansjörg Tamoj und Joachim Hermes, und gratulieren dem gesamten HÜMMERICH legal Erbrechtsteam und seinem Mitarbeiterstab.

Die Veröffentlichung finden Sie in der WirtschaftsWoche Ausgabe Nr. 48 vom 20.11.2020.