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Neuregelungen im Arbeits- und Sozialrecht zum 1.1.2022
Die wichtigsten Neuregelungen sind:
- Betriebliche Altersversorgung: Bei Entgeltumwandung muss der Arbeitgeber die ersparten Arbeitgeberanteile, maximal 15 %, hinzuzahlen
- Der Mindestlohn beträgt nun 9,82 Euro brutto je gearbeiteter Stunde
- Die Arbeitslos-Meldung kann nun von den Beschäftigten online durchgeführt werden. Voraussetzung ist die Teilnahme am online-Verfahren mit dem digitalen Personalausweis
- Die sozialversicherungsrechtliche Statusfeststellung kann nur vorab erfolgen und nennt sich nun Erwerbsstatusfeststellung
- Die Sachbezugswerte für Essen und Übernachtungen wurden angehoben
Von wegen trüber November …
… jedenfalls nicht für das HÜMMERICH legal Erbrechtsteam. Der Monat startet mit der Co-Veröffentlichung von Eberhard Rott und Elena Weber „Aktuelles zur Testamentsvollstreckung – Rechtsprechung, Gestaltungsmöglichkeiten und Praxishinweise“. Sodann wird Katharina Weiler auf dem 15. Deutschen Testamentsvollstreckertag für ihr aktuelles erbrechtliches Promotionsvorhaben mit dem Wissenschaftspreis der AGT ausgezeichnet. Und anschließend wählt eine Jury unabhängiger Fachleute im Auftrag der Wirtschaftswoche die 20 besten Erbrechtskanzleien Deutschlands und zählt hierzu HÜMMERICH legal Erbrechtsanwalt Eberhard Rott. Wir bedanken uns, zugleich freuen wir uns sehr über die vielfältige Anerkennung, die unsere Arbeit außerhalb der Kanzlei erfährt und auch darüber, dass wir die beiden Rechtsreferendarinnen, die sich für die Vertiefung ihrer Ausbildung das Erbrecht ausgesucht haben, auf ihrem beruflichen Werdegang ein Stück begleiten dürfen. Es macht Freude zu sehen, mit welchem Engagement junge Menschen sich ein Rechtsgebiet erarbeiten, das in der klassischen juristischen Ausbildung eher eine Nebenrolle spielt.
Pflichtteil geht den Grabpflegekosten vor.
Der Bundesgerichtshof hat es mit Urteil vom 26. Mai 2021, IV ZR 174/20 klargestellt:
Grabpflegekosten, die die Erben testamentarisch belasten sollen, führen nicht zur Kürzung des Pflichtteilsanspruchs führen. Will der Testamentsvollstrecker dieses Mittel nutzen, bleibt ihm nur die Möglichkeit, entsprechende Verträge lebzeitig abzuschließen und auch bereits lebzeitig finanziell auszustatten.
Inhaltlich begründet das der BGH wie folgt:
Zwar trägt gemäß § 1968 BGB der Erbe die Kosten der Beerdigung des Erblassers. Hiervon erfasst werden aber nur die eigentlichen Kosten der Beerdigung, also des Bestattungsaktes selbst, der seinen Abschluss mit der Errichtung einer zur Dauereinrichtung bestimmten und geeigneten Grabstätte findet. Kosten der Instandhaltung und Pflege der Grabstätte und des Grabmals zählen nicht mehr zu den Kosten der Beerdigung, sondern entspringen allenfalls einer sittlichen Verpflichtung des Erben.
Auch die Möglichkeit, erbschaftsteuerlich Grabpflegekosten abzusetzen (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG), vermag an dieser fehlenden rechtlichen Verpflichtung des Erben zur Grabpflege nichts zu ändern, da die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit von Aufwendungen nichts über die zivilrechtliche Verpflichtung des Erben zur Kostentragung besagt. Diese steuerrechtliche Regelung hat dem Gesetzgeber auch keine Veranlassung zu einer Änderung des § 1968 BGB gegeben.
Ferner ist eine möglicherweise bestehende öffentlich-rechtliche Pflicht von Erben oder Angehörigen zur Grabpflege unabhängig von der rein zivilrechtlichen Frage des Bestehens einer Nachlassverbindlichkeit zu beurteilen. Die Instandhaltungspflicht für eine Grabstätte trifft nach den einschlägigen Friedhofssatzungen den Grabnutzungsberechtigten oder den Totenfürsorgeberechtigten, der nicht zwingend personenidentisch mit dem Erben sein muss.
Auch die Anordnung in einem Testament, der Rest des Vermögens müsse für die Beerdigung sowie zwanzig Jahre Grabpflege verwendet werden, begründet keine dem Pflichtteilsberechtigten entgegenzuhaltende Nachlassverbindlichkeit. Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören gemäß § 1967 Abs. 2 BGB außer den vom Erblasser herrührenden Schulden die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen.
Eine Nachlassverbindlichkeit kann zwar durch eine Erwähnung der Grabpflege in der letztwilligen Verfügung begründet werden, wenn bereits der Erblasser zu Lebzeiten einen Grabpflegevertrag geschlossen hatte, der sodann die Erben als dessen Rechtsnachfolger gemäß § 1922 BGB bindet. Ein solcher Fall liegt aber nicht vor, wenn der Erblasser zu Lebzeiten keinen derartigen Vertrag geschlossen hatte.
Auch die testamentarische Anordnung, dass der Rest des Vermögens für eine zwanzigjährige Grabpflege zu verwenden sei, begründet keine Nachlassverbindlichkeit in Form einer Erbfallschuld, die im Rahmen der Berechnung des Pflichtteils zu berücksichtigen sei, selbst dann nicht, wenn sie als wirksame Auflage zu betrachten sein sollte. Eine auf einer Auflage beruhende Nachlassverbindlichkeit führt nicht zu einer Kürzung eines Pflichtteils- oder Zusatzpflichtteilsanspruchs. Vielmehr ist der Pflichtteilsanspruch gegenüber den Ansprüchen aus Auflagen und Vermächtnissen vorrangig. Dieser Vorrang ergibt sich auch aus der gesetzlichen Regelung des § 1991 Abs. 4 BGB. Hiernach sind Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen durch den Erben so zu berichtigen, wie sie im Falle des Insolvenzverfahrens zur Berichtigung kommen würden. Nach § 327 Abs. 1 InsO werden Verbindlichkeiten gegenüber Pflichtteilsberechtigten vor Verbindlichkeiten aus den vom Erblasser angeordneten Vermächtnissen und Auflagen erfüllt. Dem Erblasser soll es verwehrt sein, den Pflichtteilsanspruch durch freigiebige Vermächtnisanordnungen oder Auflagen zu schmälern oder sogar auszuhöhlen.
Praxishinweis:
Will der Erbe dieses Mittel nutzen, bleibt ihm nur die Möglichkeit, entsprechende Verträge lebzeitig abzuschließen und auch bereits lebzeitig finanziell auszustatten.
Eberhard Rott
Fachanwalt für Erbrecht und Fachanwalt für Steuerrecht, Testamentsvollstrecker (AGT)
Covid-19 und der gewerbliche Mieter
Die Covid-19 Pandemie hat die Gesellschaft fest im Griff. Ein ständiger Wechsel zwischen strengen Verboten, verbunden mit Anordnungen der Geschäftsschließung, sowie Lockerungen, die Aussicht auf Besserung versprechen, spiegeln gegenwärtig den Alltag wider.
Gewerbliche Mieter müssen sich daher irgendwann die Frage stellen, ob angesichts der gegebenen Unsicherheiten ein Ausstieg aus einem langfristigen Mietvertrag im Hinblick auf die durch die Pandemie gegebenen Besonderheiten im geschäftlichen Verkehr möglich ist oder ob es dazu Alternativen in Form von Anpassungen an die Situation gibt.
Bei der Analyse und ggf. der Umsetzung der sich aus Ihrer besonderen Situation ergebenden Möglichkeiten stehen wir gern mit unserer Kompetenz zur Seite.
Vom Erblasser verstecktes Bargeld erst Jahre später gefunden – wem gehört es?
Die Medien berichten es laufend: In der Pandemie legen die Bundesbürger immer mehr Geld auf die hohe Kante. Und die Banken und Sparkassen würden zwar gerne mit dem Geld ihrer Kunden arbeiten, können es sich aber betriebswirtschaftlich nicht leisten, es unentgeltlich entgegenzunehmen, geschweige denn, wie in der guten alten Zeit die Sparer mit Zinsen zu belohnen. Was liegt da aus der Sicht sparsamer Erblasser näher, als das Geld in der eigenen Wohnung zu verstecken?
Die bekannte Zuckerdose hat als Versteck längst ausgedient, sie reicht angesichts der gestiegenen Bargeldbestände ohnehin nicht mehr aus. Geldscheine auf die Wand zu tapezieren und dann hinter normaler Tapete zu verstecken, ist recht aufwendig und setzt schon gesteigerte handwerkliche Fähigkeiten voraus. Und so setzt manch ein Erblasser auf vom Handel angebotene, recht preiswerte Lösungen wie Bücher- oder Steckdosenattrappen. Allen diesen Fällen ist gemeinsam, dass ein gutes Versteck vor Einbrechern schützt, aber eine dumme Situation entsteht, wenn es auch der Erbe nicht findet und es erst Jahre später entdeckt wird. Wem steht das Geld in einem solchen Fall zu, dem Finder oder dem Erben? Mit dieser Frage hatte sich das Amtsgericht München mit dem Urteil vom 04.12.2020 zu beschäftigen.
2016 entdeckte eine Frau in ihrer Wohnung hinter einer Steckdosenattrappe rund 80.000 Euro. Die übergab den Geldbetrag der Polizei, die ihn an das Fundbüro der Stadt München weiterreichte.
Einer weit verbreiteten Meinung zufolge darf man die Dinge, die man gefunden hat, behalten und erwirbt sogar das Eigentum daran, wenn sich innerhalb von sechs Monaten nach der Anzeige des Fundes bei der zuständigen Behörde der ehemalige Eigentümer der verlorenen Sache nicht meldet. So verhielt es sich hier. Trotzdem gab das Fundbüro den Geldbetrag nicht heraus. Vielmehr war es der Ansicht, der Fundbetrag gehöre in den Nachlass des verstorbenen Vormieters, für den durch das Amtsgericht eine Nachlasspflegerin bestellt worden war. Dieser wurde das Geld übergeben. Erben konnten bislang noch nicht ermittelt werden. Hiergegen klagte die Finderin – und verlor den Prozess.
Die Begründung ist so einfach wie zutreffend: Versteckt ist eben nicht verloren. Wenn ich eine Sache verliere, weiß ich nicht (mehr), wo sie sich befindet. Ich kann keine Sachherrschaft mehr über sie ausüben. Bei einem Versteck in einer Steckdosenattrappe der eigenen Wohnung hingegen ist das anders. Da der Erblasser noch in der Wohnung verstarb, kann nicht von einer Besitzaufgabe gesprochen werden, weshalb gemäß § 857 BGB diese Besitzstellung im Erbfall auf die Erben überging.
Die tatsächliche Gewalt im Herrschaftsbereich zu definieren ist aber nicht immer einfach und die Grenzen von Besitz bis zum eindeutigen Besitzverlust scheinen oft schwammig. Hier kam man zu dem Ergebnis, dass der Vormieter den Besitz wohl erst verlieren würde, wenn dieser auch gleichzeitig den Besitz am Herrschaftsbereich, also seiner Wohnung, aufgegeben hätte. Wie immer im Recht heißt es also: Ganz genau hinzuschauen. Wäre der Erblasser nicht in seiner Wohnung verstorben, sondern hätte er beispielsweise einen Schlaganfall erlitten, wäre anschließend nach krankenhausärztlicher Behandlung in ein Pflegeheim gekommen und nach einiger Zeit dort verstorben, wäre die Situation schon wieder ganz anders zu beurteilen.
Praxishinweis:
Was kann nun aber ein Erbe (oder ein Testamentsvollstrecker) tun, wenn er Hinweise darauf hat, dass größere Bargeldbestände durch den Erblasser versteckt worden sind. Auf Verdacht alle Tapeten von den Wänden zu reißen, ist sicherlich keine Lösung. Der erste Schritt ist sicher genaues Hinschauen, aber auch Abwägen, was von entsprechenden Berichten Dritter über die Versteckfreundlichkeit eines Erblassers wirklich zu halten ist. Gibt es dann genügend Anlass, an verstecktes Bargeld zu denken, bietet sich der Einsatz von Geldsuchhunden an. Was bei der Zollfahndung gang und gäbe ist, kann sich auch der Erbe zunutze machen. Entsprechende Angebote lassen sich über das Internet recherchieren. Und es gibt etliche Videos, die diese Freunde der Menschen in Aktion zeigen.
Eberhard Rott
Fachanwalt für Erbrecht und Fachanwalt für Steuerrecht, Testamentsvollstrecker (AGT) mit freundlicher Unterstützung von Michelle Schwarz, Rechtspraktikantin