News

Einrichtungsbezogene Impfpflicht – Welche Beschäftigten unterliegen überhaupt der einrichtungsbezogenen Impf- bzw. Nachweispflicht?

§ 20a Abs. 1 InfSG spricht davon, dass Personen, die in den genannten Einrichtungen oder Unternehmen tätig sind, gegenüber dem Arbeitgeber die entsprechenden Nachweise erbringen müssen. Das Gesetz stellt auf die Tätigkeit ab. Was bedeutet aber „in“ Einrichtungen oder Unternehmen „tätig“ sein?

Nach dem Wortlaut bedeutet dies zunächst, dass es nicht auf die Rechtsgrundlage des Rechtsverhältnisses ankommt. Daher unterfallen auch solche Personen der Nachweispflicht, die sich tatsächlich in der Einrichtung aufhalten und dort tätig sind, also bspw. Betreuer und Betreuerinnen, Personen der Heimaufsicht, (externe) Handwerker, Gesundheitshandwerker wie Orthopädietechnik und medizinische Fußpflege, aber auch Personen, die Reparaturen im Gebäude durchführen, Dienstleister, wie Friseure oder Freie Mitarbeiter (z. B. Honorarkräfte, Berater o.ä.) (so F&A des BMG). Ausgenommen sein sollen nur solche Personen, wie Postboten, die lediglich ganz kurzzeitig den Betrieb betreten (so ausdrücklich F&A des BMG).

In Bezug auf die in der Einrichtung beschäftigten Arbeitnehmer ist damit klar, dass alle Mitarbeiter, die unmittelbar mit den behandelten, untergebrachten oder gepflegten Personen in Berührung kommen, erfasst sind. Aber auch Mitarbeitende in der Verwaltung oder in technischen oder IT-Diensten, in der Leitung/Geschäftsführung sind erfasst. Dies gilt uneingeschränkt jedenfalls dann, wenn diese Kontakt zu den vulnerablen Personengruppen haben oder zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die ihrerseits einen direkten Kontakt zu diesen Personengruppen haben (so F&A des BMG).

Frage: Was ist mit Mitarbeitern, die aufgrund räumlicher Trennung keinen unmittelbaren Kontakt zu den Personengruppen oder behandelnden, pflegenden oder betreuenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben (können)?

Zu denken ist z.B. an Mitarbeiter der Verwaltung, die in einem anderen Gebäude untergebracht sind oder an Mitarbeiter, die im Home-Office arbeiten. In Bezug auf diese Mitarbeiter ist die Rechtslage leider unklar. In den F&A des BMG ist nachzulesen, dass  Mitarbeiter bspw. der Verwaltung dann der Nachweispflicht unterfallen, sofern keine klare räumliche Abgrenzung zu den in der Einrichtung bzw. dem Unternehmen behandelten, untergebrachten oder gepflegten Personen vorhanden ist. Im Umkehrschluss könnte dies bedeuten, dass solche Mitarbeiter nicht erfasst sind, die aufgrund räumlicher Trennung keinen unmittelbaren Kontakt zu den Personengruppen oder behandelnden, pflegenden oder betreuenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben (können).

Aber: In den F&A des BMG ist auch zu lesen, dass der Gesetzeswortlaut weit gefasst ist, sodass es grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob die in einer Einrichtung oder einem Unternehmen tätige Person einen direkten Kontakt zu den vulnerablen Personengruppen hat. Einzig in den Fällen, so heißt es weiter, in denen jeglicher Kontakt zu den gefährdeten Personengruppen und zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die einen direkten Kontakt zu diesen Personengruppen haben, wegen des Charakters der ausgeübten Tätigkeit sicher ausgeschlossen werden kann (beispielsweise räumlich abgetrennt tätigen Verwaltungsmitarbeiterinnen und –mitarbeiter oder in getrennten Verwaltungsgebäuden arbeitende Mitarbeiter), kann eine Tätigkeit in den betroffenen Einrichtungen und Unternehmen im Sinne des § 20a Absatz 1 Satz 1 IfSG verneint werden.

Nochmals: Sind denn nun Mitarbeiter, die keinen unmittelbaren Kontakt zu den Personengruppen oder behandelnden, pflegenden oder betreuenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben, doch nicht erfasst und ist – dort wo möglich – das Home-Office eine Alternative? Leider kann man dies – derzeit – nicht abschließend sagen. Denn der Gesetzeswortlaut ist tatsächlich weit gefasst und es ist nicht auszuschließen, dass die Gerichte den Wortlaut auch so weit auslegen, dass damit tatsächlich jeder Arbeitnehmer der Einrichtung, unabhängig von der Art und dem Ort der Tätigkeit der Impf- bzw. Nachweispflicht unterliegt. Vom Sinn und Zweck des Gesetzes ist diese weitere Auslegung nicht gedeckt. Es sprechen gute Argumente für die engere Auslegung des Tätigkeitsbegriffs.

Im nächsten Beitrag gehen wir der heiß diskutierten Frage nach, ob in der Einrichtung (bereits) beschäftigte Arbeitnehmer, ab dem 16.03.2022 weiterbeschäftigt werden dürfen, auch wenn sie keine Nachweise vorgelegt haben, solange kein behördliches Betretungs- bzw. Beschäftigungsverbot erlassen wurde, die sog. „Hintertür“. 

Weitere Beiträge zum Thema finden Sie in unserer Rubrik „News“.

Thomas Regh
Fachanwalt für Arbeitsrecht
0228/60414-25
thomas.regh@huemmerich-legal.de

Einrichtungsbezogene Impfpflicht – ab 16.03.2022 wird es für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ernst!

Mit dem „Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie“ ist in § 20a InfSG vom 16.03.2022 befristet bis zum 31.12.2022 eine sog. einrichtungsbezogene Impfpflicht eingeführt worden.

Beschäftigte von Kliniken, Pflegeheimen, Arztpraxen, Rettungsdiensten und weiteren Einrichtungen müssen bis zum 15.03.2022 dem Arbeitgeber einen Nachweis über eine abgeschlossene Impfung, einen Genesenennachweis oder ein ärztliches Attest, dass sie nicht geimpft werden können, erbringen.

Liegen die Nachweise nicht fristgerecht vor oder bestehen Zweifel an der Echtheit oder Richtigkeit der vorgelegten Nachweise, haben Arbeitgeber das jeweils zuständige Gesundheitsamt zu informieren werden. Das Gesundheitsamt kann die Beschäftigung in oder den Zutritt zu den Einrichtungen, in denen die Nachweispflicht gilt, untersagen.

Für Beschäftigte, die ab dem 16.03.2022 tätig werden sollen, also für neueingestellte Beschäftigte, gilt ohne den erforderlichen Nachweis kraft Gesetzes ein Beschäftigungsverbot.

Bei Verstößen drohen Bußgelder.

Kaum eine gesetzliche Regelung im Zusammenhang mit der Coronapandemie sorgt für so viel Diskussion und bereitet so viel Unsicherheit bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wie die sog. eingeschränkte Impfpflicht.

Ob das Gesetz überhaupt Wirkung entfalten wird, lässt sich im Moment noch nicht einmal sagen. Soweit der Presse zu entnehmen ist, sind Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Omikron könnte eine Neubewertung erforderlich machen. Die Praxis muss sich indes darauf einstellen, dass das Gesetz ab dem 16. März 2022 gilt.

Vor allem in Bezug auf die bereits im Unternehmen tätigen Beschäftigten sind die Voraussetzungen, aber auch die möglichen Auswirkungen alles andere als klar.

Das Bundesgesundheitsministerium hat einen ersten Fragen- und Antwortkatalog veröffentlicht. Aber: Rechtssicherheit tritt dadurch nicht ein. Denn, die dort getroffenen Einschätzungen sind keine verbindlichen Vorgaben. Zudem lässt sich nicht prognostizieren, ob die Gerichte die Dinge ähnlich sehen. Zudem: Viele Fragen bleiben auch weiterhin offen.

In einigen folgenden Beiträgen soll auf offene Fragen eingegangen werden und sollen, soweit möglich, Leitlinien aufgezeigt werden. Aufgrund der bestehenden Unsicherheiten, können sich in den folgenden Wochen weitergehende Erkenntnisse ergeben. Wir werden auf Änderungen oder Ergänzungen hinweisen und diese in unsere Beiträge einarbeiten.

 

Thomas Regh
Fachanwalt für Arbeitsrecht
0228/60414-25
thomas.regh@huemmerich-legal.de

 

„Sie war Juristin und ihr Mann klaute auch.!

Beim Bistum Köln angestellte Juristin gewinnt vor dem Arbeitsgericht Köln den Kündigungsschutz-Prozess um eine außerordentliche Kündigung. Sie war wegen der Mitnahme ihres Bürostuhls ins Home-Office fristlos gekündigt worden. 

Das Arbeitsgericht gab der Frau jedoch Recht, weil keine Diebstahls-Absicht nachweisbar war. Vielmehr fehlte es im Home-Office an einer angemessenen Ausstattung – für die der Arbeitgeber jedoch zu sorgen hat. 

Bischof Woelki kann dagegen noch in Berufung gehen. Große Aussichten hat die Berufung jedoch nicht. 

Was macht man in der Praxis mit solchen Fällen? Normalerweise einigen sich die Parteien „zwischen den Instanzen“ auf ein Ausscheiden gegen Zahlung einer fetten Abfindung. Da die Juristin schon seit vielen Jahren beim Bistum angestellt war, dürfte dies teuer werden. Die 08/15-Formel für Abfindungen (halber Gehalt pro Jahr Betriebszugehörigkeit) dürfte hier nicht passen. In solchen Fällen erzielen gute Arbeitsrechtler für die Gekündigten oft Quoten von 1,0 oder mehr. Je höher die Position, desto höher der Abfindungsfaktor; bei Managern in Konzernen wird auch gerne mal der Faktor 2,0 akzeptiert. 

Wir beraten Arbeitgeber und Arbeitnehmer (nur nicht zum selben Fall). Also: Einfach anrufen und nach einem Fachanwalt für Arbeitsrecht fragen – 0228/60414-30

Strafbarkeit der Behinderung einer Betriebsratsgründung

Arbeitsminister stellt die Behinderung von Betriebsratsgründen unter schärfere Strafen

Bundesarbeitsminister hat eine Verschärfung der Strafbarkeit auf den Weg gebracht. Die Behinderung von Betriebsratsgründungen ist künftig auch ohne offiziellen Strafantrag zu verfolgen. Demzufolge reicht auch eine anonyme Anzeige gegen den Arbeitgeber aus, um den Staatsanwalt auf den Plan zu rufen. 

Angesichts der in diesem Frühjahr ohnehin anstehenden Betriebsrats-Wahlen ist das ein Warnsignal an Old-School-Arbeitgeber, die eine Betriebsratsgründung oder laufende Wahlen behindern.

Ob die betroffenen Arbeitnehmer den Mut aufbringen, sich zu wehren, bleibt dann für die Praxis abzuwarten. Der bereits existierende Straftatbestand in § 119 BetrVG hat bislang eher wenige Entscheidung zu Lasten der Arbeitgeber gebracht. Aber das mag sich nun ändern. 

Fragen Sie unsere Arbeitsrechtsexperten, wo es für Sie lang geht!

Arbeitsrecht: Gegenüber Kollegin geäußerte Tötungsabsicht des Vorgesetzten rechtfertigt fristlose Kündigung

Das Arbeitsgericht Siegburg hat die Kündigungsschutzklage eines fristlos gekündigten Arbeitnehmers abgewiesen. Der Mann hatte gegenüber einer Kollegin glaubhaft angekündigt, er beabsichtige seinen Vorgesetzten aus dem Fenster zu schmeißen und er sei kurz vorm Amoklauf. Der Wortlaut des impulsiven Arbeitnehmers war laut Pressemitteilung des Arbeitsgerichts wie folgt: „Diesen kleinen Wicht schmeiße ich aus dem Fenster. Ich lasse mir das nicht länger gefallen. Ich bin kurz vorm Amoklauf. Ich sage dir, bald passiert was. Der lebt gefährlich, sehr gefährlich.“

Der Kläger war bei der beklagten Stadt seit über 13 Jahren in der Buchhaltung beschäftigt. Das Arbeitsgericht Siegburg gab dem beklagten Arbeitgeber Recht, da die Ankündigung als ernsthafte Drohung aufzufassen gewesen sei. Daher sei eine Abmahnung entbehrlich gewesen. Eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist sei unzumutbar. 

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden. Urteil vom 4.11.2021 – Aktenzeichen 5 Ca 254/21.