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Fristlose Kündigung nach Schlägerei auf Karnevalsfeier!

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat die gegenüber einem Arbeitnehmer ausgesprochene fristlose Kündigung, der bei einer Karnevalsfeier im Betrieb einen Kollegen vorsätzlich verletzt hatte, nachdem ihm versucht wurde „die Krawatte abzuschneiden, für berechtigt erklärt. Weder der die besonderen Umstände zu Karneval, noch der Hinweis auf einen Angstzustand vermochten ihm zu helfen.

LAG Düsseldorf Urteil vom 22.12.2015, 13 Sa 957/15

Der Mitarbeiter war seit 1987 als Sachbearbeiter im Unternehmen beschäftigt. Im Verlauf einer betrieblichen Karnevalsfeier unternahmen zwei Kolleginnen mehrfach den Versuch, die Krawatte des als Gangster verkleideten Mannes abzuschneiden. Nachdem dieser damit nicht einverstanden war, schaltete sich ein anderer Kollege ein, mit dem es zu einer Auseinandersetzung kam, in deren Verlauf dieser durch ein zersplittertes Bierglas im Gesicht durch den Mitarbeiter verletzt wurde. Der Gekündigte argumentierte, dass er von den Kolleginnen, die ihm die Krawatte abschneiden wollten, und dem später verletzten Kollegen fortwährend beleidigt worden sei. Nachdem er den Kollegen versucht habe, von sich zu halten, habe er irgendwann befürchtet, dieser werde ihn angreifen. Dem Hinweis auf eine krankheitsbedingte Angststörung hat das Landesarbeitsgericht eine Absage erteilt. Auch wenn eine Auseinandersetzung auf einer Betriebsfeier stattfinde, seien solche Entgleisungen nicht zu rechtfertigen, so das Gericht.

 

Rechtsanwalt Thomas Regh, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mediator

Clevere Testamentsklausel verhindert langwieriges Erbscheinsverfahren

Davor hat jeder Angst: Im Todesfall streiten die Erben solange, bis vom Nachlass nichts mehr übrig ist. Durch eine geschickte Testamentsklausel lässt sich das verhindern, wie das OLG Celle mit Beschluss vom 09.11.2015 (6 W 204/15) festgestellt hat

Das deutsche Erbrecht kennt einen doppelten Rechtsweg, wenn es darum geht, geklärt zu wissen, wer rechtmäßiger Erbe ist. Häufig wird zunächst ein Antrag auf Erteilung eines Erbscheins gestellt. Tritt jemand, der der Meinung ist, selbst Erbe zu sein, diesem Antrag entgegen, entscheidet über dieses Verfahren das Nachlassgericht, notfalls durch drei Instanzen. Wer nun denkt, dass damit der Rechtsweg erschöpft sei, wird sich wundern. Neben diesem sog. nachlassgerichtlichen Verfahren gibt es noch das Verfahren der sog. streitigen Gerichtsbarkeit. Auch dieses kann im Einzelfall durch drei Instanzen betrieben werden. Werden beide Gerichtszüge hintereinander zum Streit genutzt, können Streitigkeiten um eine Erbschaft durchaus 15 Jahre und länger die Gerichte beschäftigen.

Kluge Testamentsgestalter haben daher schon immer zur Schiedsgerichtsbarkeit geraten. Durch eine entsprechende Anordnung in der letztwilligen Verfügung hat es jeder Erblasser selbst in der Hand, den Streit seiner Erben oder anderer am Nachlass beteiligter Personen der staatlichen Gerichtsbarkeit zu entziehen und einem privaten Schiedsgericht zuzuweisen. Ein solches privates Schiedsgericht hat aus der Sicht des Erblassers den Vorteil, dass es regelmäßig auf eine Instanz beschränkt ist und auch nicht in der Öffentlichkeit stattfinden muss. Darüber hinaus kann der Erblasser den Schiedsrichter (oder auch mehrere) selbst bestimmen. Das OLG Celle hat nunmehr entschieden, dass eine solche Schiedsgerichtsklausel nicht nur das Verfahren der streitigen Gerichtsbarkeit um viele Jahre abkürzen kann, sondern auch dem Streit im nachlassgerichtlichen Verfahren den Boden entzieht. Solange das Schiedsgericht nicht entschieden hat, ist ein Erbscheinsantrag unzulässig. Hat das Schiedsgericht aber entschieden, bedarf es regelmäßig keines Erbscheins mehr oder er wird durch das Nachlassgericht kurzfristig erlassen, weil das das streitige Verfahren ersetzende schiedsgerichtliche Verfahren gegenüber dem Nachlassverfahren präjudizielle Wirkung hat. Der Erblasser hat es also selbst in der Hand, durch entsprechend umsichtige Testierung den Streit um seinen Nachlass auf ein Minimum zu begrenzen. Als Schiedsrichter bietet sich sicherlich derjenige an, der das Testament gestaltet hat, weil er den Willen des Erblassers am besten kennt. Auch der Testamentsvollstrecker kann zum Schiedsrichter bestimmt werden (allerdings darf er nicht in eigenen Angelegenheiten entscheiden). Darüber hinaus gibt es auch eine institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit speziell für erbrechtliche Verfahren.

 

Rechtsanwalt Eberhard Rott, Fachanwalt für Erbrecht und Fachanwalt für Steuerrecht, Testamentsvollstrecker (AGT)

Anbieten eines Mediationsverfahrens Voraussetzung einer Druckkündigung

Bevor ein Arbeitgeber bei Konflikten unter Kollegen gegenüber einem Arbeitnehmer eine Druckkündigung ausspricht, muss er als milderes Mittel die Durchführung eines Mediationsverfahrens auf seine Kosten anbieten. 

LAG Hamm vom 16.10.2015 – 17 Sa 696/15 –

Bei einer Druckkündigung werden dem Arbeitgeber von Dritten Nachteile für den Fall angedroht, dass ein bestimmter Arbeitnehmer nicht entlassen wird. Typische Fälle sind Drohungen der Belegschaft mit Massenkündigung oder Streik oder die Androhung des Abbruchs von Geschäftsbeziehungen durch Kunden oder Lieferanten. Wenn es für die Drohung keine objektive Rechtfertigung gibt, die einen verhaltensbedingten oder personenbedingten Kündigungsgrund ergibt, handelt es sich um eine echte Druckkündigung. In diesem Fall muss der Arbeitgeber sich zunächst schützend vor den Arbeitnehmer stellen und versuchen, die Dritten von ihrer Drohung abzubringen. Nur wenn die Drohung nicht abgewendet werden kann und bei der Verwirklichung der Drohung schwere wirtschaftliche Schäden entstehen, kann die Druckkündigung gerechtfertigt sein.

In dem vom Landesarbeitsgericht Hamm entschiedenen Fall forderte ein erheblicher Anteil des Lehrerkollegiums an einer Ersatzschule die Entlassung einer Kollegin und drohte mit dem Ausspruch von Eigenkündigungen.

Das LAG Hamm hat die Kündigung für unwirksam erklärt, weil der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung durch das Angebot der Durchführung eines Mediationsverfahrens hätte versuchen müssen, den Konflikt zu klären und die Lehrer von ihrer Drohung abzubringen.

Wie sich aus § 1 Abs. 1, Abs. 2 MediationsG ergibt, ist Mediation ein strukturiertes, freiwilliges Verfahren zur konstruktiven Beilegung eines Konfliktes, bei dem unabhängige Dritte die Konfliktparteien in ihrem Lösungsprozess begleiten. Diese versuchen dabei, zu einer gemeinsamen Vereinbarung zu gelangen, die ihren Bedürfnissen und Interessen entspricht. Der allparteiliche Mediator trifft keine eigenen Entscheidungen bezüglich des Konflikts, sondern ist lediglich für das Verfahren verantwortlich. Er ist gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 MediationsG allen Parteien gleichermaßen verpflichtet. Die Mediation ist ein anerkanntes Instrument, das geeignet sein kann, innerbetriebliche Konflikte dauerhaft zu lösen.

Es kann dabei offen bleiben, ob ein Arbeitgeber die Konfliktparteien durch Weisung verpflichten kann, an dem Mediationsverfahren teilzunehmen (verneinend LAG Nürnberg 27.08.2013 – 5 TaBV 22/12 – Rdnr.20; nachfolgend BAG 30.06.2015 – 1 ABR 71/13 – Rdnr. 25). Denkbar ist eine Verpflichtung der Arbeitnehmer, an Aufklärungsgesprächen über Sinn und Zweck der Mediation teilzunehmen (Henkel/Göhler, AuA 2014, 703; Hunold AuA 2015, 216, 217).

Durch die Geschäftsleitung geführte oder moderierte Gespräche sind kein angemessener Ersatz für ein Mediationsverfahren, weil der Arbeitgeber selbst in den Konflikt oder seine Auswirkungen, bereits durch das Bestehen der Drohung, involviert ist. Demgegenüber ist ein Mediator als neutraler Dritter gemäß § 2 Abs. 3 MediationsG beiden Parteien gleichermaßen verpflichtet und hat die Aufgabe, die Kommunikation der Konfliktparteien zu fördern und zu gewährleisten, dass sie in angemessener und fairer Weise in die Mediation eingebunden sind.

Dem Arbeitgeber ist es auch zuzumuten, die durch das Mediationsverfahren ausgelösten Kosten zu tragen, da er seine Kostenübernahme auf einen angemessenen Betrag begrenzen kann.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da Revision zum Bundesarbeitsgericht eingelegt wurde. Aktenzeichen beim BAG: 2 AZR 637/15.

Rechtsanwalt Dr. Matthias Spirolke, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mediator

Mediation durch HÜMMERICH legal-Mediatoren

Veröffentlicht am 28. Januar 2016

Erstes Urteil zur „Vererbbarkeit“ eines Facebook-Accounts

Das Landgericht Berlin (Urteil vom 17.12.2015, 20 O 172/15) hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob die Eltern eines verstorbenen minderjährigen Kindes als gesetzliche Erben die Zugangsberechtigung zum Facebook-Account Ihres verstorbenen Kindes erhalten müssen. Daneben stellen sich aber noch viele weitere ungeklärte Rechtsfragen.

Die Eltern begehrten von Facebook den Zugang, um den Account nach Informationen durchsehen zu können, die ihnen eine Erklärung für die im Raume stehende Selbsttötung des Kindes liefern könnten. Der Account war von Facebook in einen sog. “Gedenkzustand“ versetzt worden. Dieser hatte zur Folge, dass auch mit den (eventuell bekannten) Benutzerdaten nicht mehr auf die Inhalte zugegriffen werden kann. Welche dritte Person die Versetzung des Accounts in den Gedenkzustand veranlasst hatte, war nicht bekannt, die Eltern waren es jedenfalls nicht.

Das Urteil ist deshalb bemerkenswert, weil es die erste bekannt gewordene Entscheidung zu den in der rechtswissenschaftlichen Literatur (bspw. Rott, Eberhard / Rott, Alexander, Wem gehört die E-Mail? Rechts- und Praxisprobleme beim digitalen Nachlass, NWB-EV 2013, 160 – 168) schon seit längerem beschriebenen Problemkreis des Umgangs mit dem sog. „digitalen Nachlass“ darstellt.

Das Urteil ist in verschiedener Hinsicht bemerkenswert. So hält das Landgericht Berlin die Richtlinien von Facebook zum Gedenkzustand für unwirksam, weil die Nutzer unangemessen benachteiligt werden. Beispielsweise wäre es nach diesen Richtlinien nicht möglich, der gängigen Empfehlung zu folgend für die Verwaltung der digitalen Daten einen sog. „digitalen Testamentsvollstrecker“ einzusetzen. Weiterhin zeigt das Urteil – wenngleich auch nur zu einem Teil – die Rechtsprobleme auf, die sich beim digitalen Nachlass generell stellen. Diese beginnen schon damit, ob bei den regelmäßig im Ausland stehenden Servern überhaupt deutsches Prozessrecht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts Anwendung finden kann. Auch ob deutsches oder ausländisches Datenschutzrecht gilt, kann im Einzelfall sehr unterschiedlich zu beurteilen sein. Im konkreten Fall hat sich das Gericht zur Anwendung des deutschen Rechts entschieden. Weiterhin hat das Gericht den Fall zu Gunsten der Eltern nur dadurch lösen können, dass das deutsche Telekommunikationsrecht nicht wortgetreu, sondern im Wege „verfassungskonformer Auslegung“ angewendet wurde und die elektronischen Daten, die auf dem Server des Anbieters gespeichert sind, mit persönlichen Briefen gleichgesetzt wurden. Dabei wird natürlich ein wesentlicher Unterschied zwischen Briefen und digitalen Daten geflissentlich übersehen, so dass durchaus fraglich ist, ob andere Gerichte an dieser Stelle nicht anders entscheiden würden. Dass der Verfasser eines Liebesbriefes damit rechnen muss, dass dieser von fremden Dritten (hier: den Erben) gelesen wird, sobald er ihn abgeschickt hat, liegt auf der Hand. Bei der digitalen Post ist der Übertragungsvorgang aber ein grundlegend anderer. Solange die Daten durch den Nutzer noch nicht abgerufen wurden, liegen sie auf dem Server des Providers. In den Zugriffsbereich des Empfängers gelangen sie erst, wenn sie durch den Nutzer abgerufen werden. Dann werden Sie auf dem Rechner des Nutzers abgespeichert und erst dann muss der Absender auch damit rechnen, dass fremde Dritte seine Nachricht lesen können. Richtigerweise müsste also die Frage gestellt werden, ob es den Erben eines Nutzers erlaubt wäre, dem Postboten, der gerade mit der Zustellung befasst ist, gegen dessen Willen einen an den Verstorbenen gerichteten Liebesbrief abzunehmen, zu lesen und für sich zu verwahren. Bei einer solchen Betrachtungsweise sähe das Ergebnis sicherlich anders aus, weil doch recht klar ist, dass auch die Persönlichkeitsrechte des Verfassers des Liebesbriefes schützenswert sind.

Das Landgericht hat deshalb in seiner Entscheidung auch deutlich gemacht, dass die Entscheidung nicht ohne weiteres übertragen werden kann auf volljährige Verstorbene und Erben, die nicht zum engsten Familienkreis gehören. Da es ausdrückliche gesetzliche Regelungen nicht gibt, wird die Rechtsunsicherheit fortbestehen. Es ist nicht einsichtig, warum ein familienfremder Dritter, beispielsweise eine zur Erbin eingesetzte gemeinnützige Organisation einen Anspruch darauf haben sollte, die vom E-Mail-Account noch nicht abgerufenen Liebesbriefe lesen zu dürfen. Auch erscheint es höchst fraglich, ob den Erben eines Arbeitnehmers Rechte an der geschäftlichen E-Mail-Korrespondenz (einschließlich etwaiger Geschäftsgeheimnisse!) zustehen sollen, nur weil sie Erben sind. In beiden Fällen erscheinen die schutzwürdigen Interessen der Absender der E-Mails vorrangig.

Solange es keine eindeutigen gesetzlichen Regelungen gibt, kann der Rat nur dahin gehen, selbst Vorsorge zu treffen. Jedermann sollte sich seine Gedanken zum Umgang mit seinem digitalen Nachlass machen und einen digitalen Sachwalter oder besser noch einen digitalen Testamentsvollstrecker einsetzen. Arbeitgebern kann nur geraten werden, Regelungen zum Umgang mit den digitalen Daten in die Arbeitsverträge aufzunehmen. Denn auch das hat das Landgericht Berlin klargestellt: Erben treten in die bestehenden Rechtsverhältnisse nur in dem Umfang ein, wie sie mit dem Vertragspartner ursprünglich vereinbart waren. Wie sorgfältig solche Regelungen ausgearbeitet werden müssen, zeigt die Entscheidung des Landgerichts Berlin ebenfalls. Facebook ist es jedenfalls nicht gelungen, seine Datenschutzrichtlinie gerichtsfest zu machen.

 

Rechtsanwalt Eberhard Rott, Fachanwalt für Erbrecht und Fachanwalt für Steuerrecht, Testamentsvollstrecker (AGT)

Kosten einer Geburtstagsfeier können steuerlich absetzbar sein

Das Finanzgericht Neustadt hat mit Urteil vom 10.12.2015 (6 K 1868/13) entschieden, dass die Kosten, die der Geschäftsführer einer GmbH zur Feier seines 60. Geburtstages aufgewandt hat, als Werbungskosten abzugsfähig sind.

Die Abgrenzung zwischen Kosten der privaten Lebensführung, die steuerlich nicht absetzbar sind, zu betrieblichen Ausgaben ist immer wieder ein Streitpunkt zwischen der Finanzverwaltung und dem Steuerbürger. Das Finanzgericht Neustadt hat mit Urteil vom 10.12.2015 (6 K 1868/13) entschieden, dass die Kosten, die der Geschäftsführer einer GmbH zur Feier seines 60. Geburtstages aufgewandt hat, als Werbungskosten abzugsfähig sind. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Das beklagte Finanzamt kann noch eine Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesfinanzhof einlegen. Die Entscheidung ist in einer Reihe von Entscheidungen zu sehen, in denen Finanzgerichte einer allzu restriktiven Handhabung der Finanzverwaltung einen Riegel vorschieben. Im entschiedenen Fall hatte der Geschäftsführer die Feier in den Räumen seines Unternehmens und teilweise zur Arbeitszeit veranstaltet und ausschließlich Mitarbeiter der Firma eingeladen. Auch hielt sich der Kostenaufwand mit etwa 35 € pro Person – geladen waren 70 Personen – in überschaubaren Grenzen.

 

Rechtsanwalt Eberhard Rott, Fachanwalt für Steuerrecht und Fachanwalt für Erbrecht